Von den purpurnen Bergen kommen wir

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maptagNach einer erlebnisreichen Nacht in Nanjing gibt es eigentlich nur eine logische Konsequenz: Ein Tag in Nanjing, selbstredend ebenfalls soweit möglich zu Fuß! Natürlich wird normalerweise auch in China Mittwochs gearbeitet, aber die „Golden Week“ im Herbst bescherte mir nicht nur einen freien Tag, sondern auch bestes Wetter, wenig Touristen und saubere Luft – für eine chinesische Großstadt mit zig Attraktionen wie ein 6er im Lotto!

IMG_6162_pantoffelchiliStartpunkt ist die Gulou Station am Südwestende des Xuanwu Lakes, von wo aus ich Kurs auf den Jiming Tempel nehme. Der schönste Weg führt eigentlich von der nächsten Station direkt über den See, aber da ich mich hier gestern Abend schon herumgetrieben habe, nehme ich den „Landweg“ durchs Häusermeer. Auf den ersten Blick überwiegen hier wie in so vielen Vierteln relativ gesichtslose Hochhäuser, aber beim Durchmarsch betritt man durchaus oft eine Art chinesische Parallelwelt, wo sich das Leben noch zum großen Teil auf der Straße abspielt.

IMG_6169_jimingtempleDer Jiming Tempel ist für mich einer der beeindruckendsten Tempel der Stadt, auch wenn er seit seiner Erbauung im 5. Jahrhundert mehrmals zerstört wurde. Bisher habe ich es leider nie vor dem letzten Gongschlag auf das weitläufige Berggelände geschafft, was sich nun endlich ändern soll! Die Gäste sind heute überwiegend Einheimische, überall sind Leinen mit bunte Fahnen aufgehangen, und die Räucherstäbchenbehälter rauchen auf Hochtouren. Diese Atmosphäre kann man durchaus 1-2 Stündchen auf sich wirken lassen, dann gibt es vom Tempel praktischerweise einen direkten Zugang zur Nanjing City Wall, auf der man bequem und frei von jedem Verkehrschaos weiter gen Osten marschieren kann.

IMG_6215_wallcityviewOffensichtlich ist diese Alternativroute für den Nanjinger nicht wirklich attraktiv oder man scheut die Eintrittsgebühr: Auf den ersten Metern sieht man noch ein paar Grüppchen, die ein Mauerselfie vor der Xuanwu See Kulisse machen, dann bin ich tatsächlich völlig alleine – auf der chinesischen Mauer wäre man für dieses Erlebnis sicherlich etwas länger unterwegs. Vor mit erhebt sich in der Ferne der Purple Mountain (紫金山) mit knapp 450m, hinter mir verschwindet die Skyline von Nanjing mit dem nur unwesentlich niedrigeren InterConti Hotel. Am Ende des Mauerabschnitts sollte man noch einmal im anliegenden Jiuhuashan Park vorbeischauen und die Aussichten genießen, dann findet man sich am Ende dessen in urbanen Gefilden wieder. Jetzt bloß nicht die Orientierung verlieren oder mit einem lautlosen Elektroroller zusammenstoßen, denn 1-2 Kilometer weiter befindet man sich bereits in den Ausläufern des Zhoongshan Mountain Parks und somit wieder mitten im Grünen!

IMG_6260_cablecarsunglassAls alter Snowboard Hase habe ich zwar schon zig marode wie topmoderne Sessellifte gesehen und genutzt, aber ein chinesisches Modell war bisher noch nicht dabei, und ich gebe offen zu, dass sich mein Vertrauen zunächst in Grenzen hielt. Da die Talfahrer aber alle relaxed bis happy wirken und der Preis OK ist, schwinge ich mich dann schließlich doch in den Sitz. Der Lift lässt sich Zeit, aber die Rundumsicht ist zumindest bei dem heutigen Wetter grandios. Oben erwartet den Besucher ein erfreulich unkitischiger Mountain Top Park sowie reichlich Auslauf. Auf meiner labberigen überwiegend chinesischen Tourist Map der Purple Mountain Welt ist ein Pfad zum Ming Grab eingezeichnet, den ich eigentlich nehmen wollte, weil ich die Ecke vom letzten Besuch noch in guter Erinnerung habe. Nach zig Kilometern durch den Wald lande ich dann zwar wohlbehalten wieder im Tal, aber offensichtich in einer völlig anderen Ecke, und zudem begibt sich die Herbstsonne leider auch schon auf Talfahrt.

IMG_2114_tempelsunset_MIN Wer noch Zeit und eine gute Orientiertung hat, hat jetzt die Qual der Wahl (ein Marsch zum Mausoleum des Dr. Suan Yat-sen ist zum Beispiel auch nicht zu verachten), ich schlage mich aufgrund der fortgeschrittenen Stunde zur Metro im Süden durch, und bin eine halbe Stunde später zurück in der Zivilisation! Und jetzt???

2 Kommentare zu „Von den purpurnen Bergen kommen wir“

  1. Da werden ja Heimatgefühle wach ^_^
    Danke für den Beitrag und die schönen Fotos. Empfehlung: Nächstes Mal den Purple Mountain hoch laufen und mit der Bahn runterfahren. Toller Blick auf die Stadt mit Blick auf den Sonnenuntergang…

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