Die Bambusbahn kommt

 

IMG_3648_schuheWer gerne gemütlich mit der Bahn reist hat es in Kambodscha (noch) ziemlich schwer: Das marode bestehende Schienennetz enstammt noch der französischen Kolonialzeit, und auch wenn mittlerweile zwischen Phnom Penh und Sihanoukville wieder Güterverkehrszüge verkehren, gibt es eigentlich offiziell keinerlei Personenverkehr. Die stets improvisationsfreudigen Kambodschaner haben  sich diesen Umstand zunutze gemacht und ihre ganz eigene Bahn aus der Taufe gehoben. Als ich vor Jahren das erste Mal von der legendären Bambusbahn hörte, hatte ich ganz naiv einen komplett aus Bambusstämmen gebauten Zug mit zig Wagons vor Augen, der regelmässig nostalgisch verklärte Reisende von A nach B befördert. Ich lag ziemlich falsch!

IMG_3618_montage Der eigentliche Bamboo Train – im Volksmud kurz Norry genannt –  ist nämlich weitaus simpler gestrickt, aber nicht weniger faszinierend: Zwei einzelne Achsen, ein recycelter Motor, ein Keilriemen, obendrauf die namensgebende Plattform aus Bambusholz, und fertig ist das Bambootrain Reinheitsgebot. Das simple wie brilliante Konstrukt hat vor allem bei einem Einstreckensystem den Vorteil, dass das Vehikel bei Gegenverkehr oder zum Wenden binnen Minuten demontiert und wieder montiert ist. Aber genug der drögen Theorie und ab zum Fahrbericht …

Alles aufsteigen bitte …!

IMG_3609_battambangroundaboutDen Weg zum „Bahnhof“ sollte in Battambang jeder Tuktukfahrer in und auswendig kennen. Vorbei am Dambang Krognuing Kreisverkehr von „Mr. Battambang“ (der Link führt zur Legende) geht es weiter nach Südosten und mitten in die Battambanger Pampa. Am Ort des Geschehens angekommen fühlt man sich dann zunächst leicht verloren: Ein Haufen Leute steht wie wir mehr oder weniger planlos in der Gegend rum, fleißige Hände montieren und demontieren munter vor sich hin, und man weiß nicht so recht, ob man jetzt lautstark auf sich aufmerksam machen muss oder einfach nur passiv warten soll. Es gibt keine Infos oder Tickets oder die üblichen Verzichtserklärungen auf alle Ansprüche falls etwas doof läuft, und so harren wir der Dinge die da kommen mögen. Irgendwann kommt schließlich ein netter Herr vorbei und knöpft uns pro Nase 5$ ab (Kinder frei), wenig später weist uns ein anderer netter Herr unseren exklusiven Bambootrain zu (Maximalbesetzung sind 6 Leute), und ab gehts mit Vollgas ins Feld.

IMG_3634_trainparkZwischen 30 und 50km/h sollen die Bamben auf Rädern je nach Motorisierung und (Über-)gewicht der Mitreisenden angeblich schaffen, da man aber wirklich quasi direkt über den Schienen hockt und es selbstredend auch keine Federung gibt, meldet zumindest das Hirn ein „rasantes Tempo“. Wenn man sich nur auf die Landschaft konzentriert ist die Strecke sicherlich nicht wirklich spektakulär, aber das Gesamterlebnis ist durchaus ein ganz und gar unalltägliches Vernügen – wann sonst düst man schonmal durch heiße Fönluft? Nach einer knappen Viertelstunde kommt man an einem Minibahnhof an und darf eine Viertelstunde Gassi gehen, während flinke Hände wieder die Züge auseinander nehmen und zusammen bauen (das wäre doch mal ein neues hippes Workout Konzept für hiesige Fitness Studios). Natürlich besteht der „Bahnhof“ zu 95% aus Verkaufsständen, und natürlich wollen die Standbetreiber auch etwas verkaufen, aber entgegen mancher Meckereien (z.B. auf Tripadvisor) fanden wir den Stop jetzt nicht wirklich lästig. Wären die Bambootrain Souvenir-Shirts mit den bizarren Zombies nicht so grottenhässlich gewesen, hätten wir sogar glatt eins mitgenommen, so blieb’s beim kühlen Bier (1$) und Softdrinks – einfach an einem der schattigen Tische einkehren ist nämlich auch eine Option um den übrigen Verkaufstalenten zu entfliehen :-). Filmen ist leider nicht wirklich unsere Stärke, aber wer unbedingt einen bewegten Moment erleben möchte, kann hier ein paar Sekunden mitfahren: https://youtu.be/o-iHevA9KP0

IMG_3777_draft_MININach diesem bewegten Ausflug müssen wir Battambang leider auch schon wieder verlassen. Caroline lässt uns netterweise nachmittags noch ein paar Stunden am Pool lungern und organisiert ein Mobil für die Weiterreise über Sisophon nach Sieam Reap, wo wir gegen 6 Uhr abends ankommen. Der Highway 6 am Ortseingang ist gepflastert mit gigantischen Hotels, die in dieser Dichte selbst Phnom Penh wie ein Dorf wirken lassen, aber dass Siem Reap kein Kaff mehr ist war uns ja schon im Vorfeld klar. Wenigstens befindet sich das „Rose Apple Boutique Bed&Breakfast“ in einer abgelegenden Seitengasse, Besitzer Tim und seine Familie sind nicht nur äußerst zuvorkommend, sondern haben auch noch eine gut sortierte Spielzeugecke, und wir haben seit Phu Quoc und der Hüpferei im Anschluss endlich mal wieder vier Nächte in Folge eine feste Bleibe. Angkor Wat kann kommen!

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